Kaufmännischer Bereich in der Weiter- und Aufstiegsfortbildung

 

In den verschiedensten Bereichen der Weiter- und Aufstiegsfortbildung sind rechtliche Grundlagen sehr häufig Bestandteil des Lerninhaltes. Dieser Betrag befasst sich mit der Frage, wozu das Fach in der Weiter- und Aufstiegsfortbildung dienen soll.

 

Inhaltsübersicht

 

1.      Worauf kommt es an und was soll man lernen?

a)      Lernansatz: auswendig lernen

b)      Lernansatz: System und Zusammenhänge erkennen und verstehen

c)      Beurteilung der Lernansätze

2.      Vergessenskurve – was ist das?

3.      Arbeiten mit den hier angebotenen Materialien

Beispielhafte Musterlösung

4.      Verfügbare Literatur

 

 

1.      Worauf kommt es an und was soll man lernen?

 

Allein die Regelstudienzeit von 5 Jahren zeigt, dass das juristische Handwerkszeug nicht in einem Schnellkurs erlernt werden kann. Gleichwohl enthalten die meisten Weiter- und Aufstiegsfortbildungen das Fach Recht bzw. Recht und Steuern. Dabei stellt sich die Frage, welche Ziele solche Ausbildungsbestandteile haben, wenn doch die reguläre Juristenausbildung so langwierig ist. Aus meiner persönlichen Sicht hat das Fach im Rahmen der Weiter- und Aufstiegsfortbildung eine Sensibilisierungsfunktion. Durch die Vermittlung von grundlegenden Prinzipien und Zusammenhängen kann sich zumindest ein Verständnis und Bauchgefühl juristischer Beurteilung von Sachverhalten entwickeln. Dadurch fällt Ihnen in der Praxis schneller auf, wenn etwas „komisch“ ist oder „irgendwie nicht stimmt“. Bereits diese Auffälligkeit wird Sie zu einem genaueren Hinsehen oder zur Einholung weiterer (juristischer) Hilfe veranlassen. Dadurch können Fehler vermieden oder zumindest gemildert werden. Genau das ist meines Erachtens das Ziel, weshalb das Fach in der Weiter- und Aufstiegsfortbildung unterrichtet wird.

 

In der Praxis gibt es zwei konträre Lern-Ansätze, um die Prüfungsfragen erfolgreich zu beantworten.

 

a)      Lernansatz: auswendig lernen

 

Entweder man lernt alles auswendig und hofft, dass möglich identische Prüfungsfragen gestellt werden. Dies erfordert sehr viel Fleiß, Aufwand und Zeit. Der Vorteil ist, dass bei „bekannten“ Fragekonstellationen schnell eine Antwort parat ist. Für den späteren beruflichen Alltag birgt diese Herangehensweise eine Gefahr, wenn man vor der Beantwortung einer juristischen Frage nicht nochmal in das Gesetz schaut. Hat sich der Gesetzestext inzwischen geändert, ist die auswendig gelernte Lösung unter Umständen nicht mehr richtig.

 

b)     Lernansatz: System und Zusammenhänge erkennen und verstehen

 

Ein alternativer Ansatz ist der Versuch, die Prinzipien der Gesetze und des Rechts zu verstehen. Wenn man versteht, wie das Recht „tickt“, dann ist man einem passenden Lösungsansatz auf der Spur. Vielleicht kennen Sie den Spruch: „Zwei Juristen – drei Meinungen“. Dahinter verbirgt sich der Charakter des deutschen Rechtsystems. Der Gesetzgeber definiert und regelt abstrakte Situationen und Sachverhalte. Bei der Anwendung des Rechts muss geschaut werden, ob der konkrete Lebenssachverhalt zu den abstrakten Gesetzesregelungen passt. Je nach Beurteilung Übereinstimmung ergibt sich ein individueller Lösungsansatz. Wenn Sie also die Zusammenhänge lernen und Verstehen, dauert Ihre Lösungsfindung zwar ein wenig länger. Dieser Lernansatz kostet zwar auch Fleiß, Zeit und Aufwand. Allerdings haben Sie eine bessere Chance völlig neue Situationen beurteilen zu können. Ein weiterer Vorteil ist die enge Arbeit mit dem Gesetzestext. Dadurch fallen Ihnen Änderungen schneller auf und sie können – wieder unter Zuhilfenahme der gelernten Zusammenhänge – einen passenden Lösungsansatz finden.

 

c)      Beurteilung der Lernansätze

 

In der Praxis werden Sie eine Mischung aus beiden Ansätzen nutzen. Es wird Dinge geben, die Sie auswendig lernen oder die sich aufgrund der häufigen Wiederholung automatisch einprägen. Gleichwohl empfehle ich, die Beschäftigung mit den Prinzipien und Zusammenhängen des Rechtsystems. Perspektivisch gewinnen Sie dadurch – nach meiner persönlichen Meinung – den längerfristigen Mehrwert.

 

2.      Vergessenskurve – was ist das?

 

Wer kennt das nicht? Mit viel Fleiß und Mühe hat man etwas gelernt, aber bereits ein paar Tage später weiß man schon gar nicht mehr jedes Detail. Jeder, der einen Führerschein hat und am Straßenverkehr teilnimmt weiß (hoffentlich), wie die Vorfahrtregeln sind. Aber wie ermittelte sich der Anhalteweg? Wie berechnen sich Reaktions- und Bremsweg und gab es da nicht irgendwelche Faustformeln? Dieses einfache Beispiel zeigt, dass Lernen und Vergessen immer im Zusammenhang stehen.  

 

Bereits Leonardo da Vinci stellte fest: „Ich habe herausgefunden, dass es einigen Nutzen bringt, nachts im Bett zu liegen und in die Dunkelheit zu blicken und dabei im Geist das zu wiederholen, womit man sich beschäftigt hat. Dann versteht man die Dinge nicht nur besser, sondern erinnert sich auch leichter daran.“

 

Hermann Ebbinghaus – ein deutscher Psychologe – veröffentlichte 1885 eine experimentelle Untersuchung, wie lange ein Mensch neu Gelerntes behält und wie viel Prozent er wieder vergessen hat. Daneben maß der Berliner Professor die Anzahl an Wiederholungen in Abhängigkeit von der Zeit, welche erforderlich waren, damit nach einer Pause die auswendig gelernten Silbenreihen fehlerfrei reproduzieren wurden. Zusammenfassend stellen sich die Ergebnisse wie folgt dar:

 

-         bereits 20 Minuten nach dem Lernen sind nur noch 60 % des Gelernten abrufbar

-         nach 60 Minuten sind nur noch 45 % des Gelernten abrufbar

-         nach 1 Tag sind sogar nur noch 34 % des Gelernten abrufbar

-         nach 6 Tagen ist das Erinnerungsvermögen auf 23 % geschrumpft

-         nur 15 % des Gelernten werden dauerhaft gespeichert

 

Aufhalten lässt sich das Vergessen nur durch stetige Wiederholung. Jedes Wiederholen und erneutes Lernen frischt das Gedächtnis auf und führt dazu, dass das Vergessen nunmehr langsamer erfolgt. Daher können die zunächst engmaschigen Wiederholungen Stück für Stück mit immer längeren Pausen und Zwischenzeiträumen erfolgen. Die Vergessenskurve von Ebbinghaus zeigt aber auch, dass bereits das regelmäßige Durchblättern und Durchlesen Ihrer Lernunterlagen einen wertvollen Beitrag zur Festigung des Gelernten im Gedächtnis leistet.

 

Wenn Sie dieses Thema interessiert und Sie weitere Informationen zum Lernen und Vergessen suchen, empfehle ich die Seite von Werner Stangl, Vergessen Gedächtnis Erinnern, [werner stangl]s arbeitsblätter, https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/GEDAECHTNIS/Vergessen-Ebbinghaus.shtml.

 

 

3.      Arbeiten mit den hier angebotenen Materialien

Die hier verfügbaren Materialien sind als Ergänzung der verfügbaren Lehr- und Ausbildungsliteratur vorgesehen. Die Fachbücher sind häufig von vielen Erklärungen und Beschreibungen in Fließtext geprägt. Dies ist für die Einführung und Darstellung des relevanten Lernstoffes unabdingbar. Die hier zum Download angebotenen Grundlagenskripte sollen – ergänzend – Ihr erworbenes Wissen auf grafische Art und Weise strukturieren und elementare bzw. wesentliche Aspekte zusammenfassen. Dadurch können Sie Zusammenhänge besser erkennen und optisch erfassen. Viele der Schaubilder stammen aus meiner eigenen Unterrichtskonzeption. Anhand dieser stelle ich den Teilnehmern den Lernstoff (hoffentlich) verständlich dar.

Ein weiterer Vorteil von Schaubildern ist das Erkennen von Reihenfolgen oder Gegensätzen. Die Anwendung des Rechts und Prüfung von Sachverhalten folgt einem grundlegenden Schema.

 

Bei der Lösung bzw. Beantwortung von Erklär- oder Beschreibungsfragen ist es besonders wichtig, dass Sie den Lösungsweg darstellen. Darunter versteht man, dass Sie alle Gedanken nacheinander darlegen – selbst, wenn die Antwort bzw. das Zwischenergebnis noch so trivial und eindeutig sind. Führen Sie den Korrektor gedanklich von den Grundlagen und Standartregelungen hin zu Ausnahmen und Besonderheiten, damit er am Ende Ihr Ergebnis nachvollziehen kann.

 

Beispielhafte Musterlösung:

 

Dem 17-jährigen Thomas haben seine Eltern erlaubt, in der 20 km entfernten Nachbarstadt zu wohnen und zu arbeiten. Des Weiteren haben die Eltern mit Thomas abgesprochen, dass er von seinem Arbeitslohn seinen Lebensunterhalt bestreiten und monatlich ein Betrag von 250 Euro „für die Zukunft“ sparen muss. Den darüberhinausgehenden Arbeitslohn darf Thomas zur freien Verfügung nutzen.

 

Thomas fühlt sich bereits selbständig genug und er möchte auch nach dem Umzug in die Nachbarstadt so oft wie möglich seine Freundin besuchen. Überraschend macht ihm sein volljähriger Kollege Michael das verlockende Angebot, ein Auto als Schnäppchen zu kaufen. Der PKW hat einen objektiven Wert von 3.700 Euro. Michael will ihn um jeden Preis loswerden und Thomas einen Gefallen tun. Als Kaufpreis vereinbaren beide 3.500 Euro.

 

Kurz vor dem 18. Geburtstag von Thomas schließen beide den Vertrag per Handschlag und vereinbaren Ratenzahlung. Da Thomas befürchtete, dass seine Eltern dagegen sind, hat er Ihnen erst an seinem 18. Geburtstag davon erzählt.

 

Prüfen Sie, ob der geschlossene Kaufvertrag wirksam zu Stande gekommen ist.                                                                                    

 

Hinweis: Bei der Lösung solcher Sachverhalte ist aus taktischer Sicht zunächst der Standardfall darzustellen. Regelmäßig kommt man zu dem Ergebnis, dass kein Standardfall vorliegt. Somit sind im Anschluss etwaige Ausnahmeregelungen zu prüfen.

 

Thomas und Michael haben per Handschlag einen Kaufvertrag im Sinne des § 344 BGB geschlossen. Ein solcher ist formfrei möglich, da das Kaufrecht hierfür keine Form gesetzlich vorschreibt (vgl. § 125 BGB). Damit der Vertrag wirksam ist, müssen beide Vertragspartner geschäftsfähig sein. Mit seinen 17 Jahren ist Thomas nach §§ 2, 106 BGB noch minderjährig und nur beschränkt geschäftsfähig.

 

Schließen beschränkt Geschäftsfähige einen Vertrag, hängt deren Wirksamkeit nach § 107 BGB von der Zustimmung der Eltern ab.  Eine Zustimmung der Eltern liegt nicht vor. Verträge Minderjähriger, die ohne Zustimmung der Eltern geschlossen werden, sind nach § 108 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam.

 

Eine Zustimmung der Eltern ist in Ausnahmefällen entbehrlich:

 

-     Verträge, die lediglich einen rechtlichen Vorteil begründen, bedürfen nach § 107 BGB keiner Zustimmung. Ein solcher Fall liegt nicht vor. Der wirtschaftliche Vorteil – 3.500 Euro Kaufpreis statt 3.700 Euro objektiver Wert – ist irrelevant. Aufgrund der Verpflichtung des Paul zur Kaufpreiszahlung ist der Vertrag nicht nur rechtlich vorteilhaft.

 

-     Verträge, die mit frei verfügbaren Mitteln bewirkt werden (sogenanntes „Taschengeld“) bedürfen nach § 110 BGB ebenfalls keiner Zustimmung der Eltern. Zwar bezahlt Paul den Kaufpreis mit seinem selbst verdienten Geld. Allerdings fallen unter diese Ausnahme keine Ratenzahlungsverträge.

 

-     Schließlich wäre keine Zustimmung der Eltern notwendig, wenn der Kaufvertrag von der Zustimmung der Eltern zur Erwerbstätigkeit nach § 113 Abs. 1 BGB umfasst wäre. Hierzu müsste das Auto für die Durchführung der Erwerbstätigkeit notwendig sein. Laut Sachverhalt liegen dem Kaufvertrag allein private Motive zu Grunde.

 

Der Kaufvertrag bedarf im Ergebnis der Genehmigung der Eltern nach § 108 Abs. 1 BGB oder des inzwischen volljährig gewordenen Thomas nach § 108 Abs. 3 BGB. Da eine solche nicht vorliegt, ist der Vertrag derzeit schwebend unwirksam.

 

 

4.      Verfügbare Literatur

 

Im Folgenden sehen Sie eine Übersicht an verfügbarer Literatur. Diese ist keineswegs abschließend und stellt keine zwingend Kaufempfehlung dar.

 

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